Inklusion: Vertane Chance am Beispiel der neu geplanten Förderschule in Friedberg?

  • von websitebuilder
  • 18 Feb., 2020
Wie wir der Friedberger Zeitung im Januar 2020 entnehmen konnten, wird in Friedberg für ca. 37 Mio. eine neue Förderschule errichtet. Es handelt sich um einen Ersatzneubau für das alte, in die Jahre gekommene Schulgebäude etwa mit derselben Platzkapazität.
Nach über 10 Jahren UN-Behindertenrechtskonvention mit dem zentralen Postulat der Inklusion fragen wir uns, warum die Schülerzahlen an Förderschulen in Bayern weiter steigen und die Inklusion an Regelschulen, also gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung, in Bayern nicht wirklich zu einer Alternative zu den Förderschulen wird.
Die Antwort liegt auf der Hand: es sind zwar die schulrechtlichen Voraussetzungen im BayEUG geschaffen, dass nämlich alle Schulen grundsätzlich auch Menschen mit Behinderung offen stehen und es sind auch Regelschulen mit dem Profil Inklusion ausgewiesen, es fehlen aber faktisch die (inklusions)-pädagogischen und organisatorischen Voraussetzungen für gemeinsames Lernen im Unterricht. Wir meinen damit in erster Linie die Klassengröße in Verbindung mit der personellen Ausstattung der Inklusionsklasse.
Idealtypisch wurde ein inklusives Setting etwa an der privaten inklusiven Grundschule des ICP München geschaffen, wo die Klassengröße maximal 15 Schüler beträgt, davon 5 mit und 10 Schüler ohne Handicap und eine Vollzeit Grundschullehrerin von einer Teilzeit Sonderpädagogin unterstützt wird. Die Nachfrage nach Schulplätzen dieser Schule ist enorm – trotz notwendigem Schulgeld - und die Übertrittsquoten in weiterführende Schulen liegen deutlich über dem Landesdurchschnitt.
Derartige pädagogische Rahmenbedingungen finden sich in fast identischer Form in integrativen Kinderkrippen und Kindergärten nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG). Im BayKiBiG werden Kinder mit Behinderung in der Gruppe mit dem Faktor 4 gewichtet, was in einer
inklusiven Kindergartengruppe beispielsweise zu einer Gruppengröße von 15 Kinder (5/10) mit erhöhtem Personalschlüssel führt. Das ICP hat quasi diese Rahmenbedingungen auf die inklusive Schulklasse übertragen.
Was liegt nun näher als die Forderung, diesen BayKiBiG-Ansatz auf das BayEUG (bzw. das bayerische Schulfinanzierungsgesetz), also die Regelschulen zu übertragen – und warum ist das nicht längst passiert?
Damit hätten dann Visionen einer inklusiven Schullandschaft im Landkreis Aichach-Friedberg nach der UN-BRK einen realen Bezug haben können etwa dergestalt, dass Regelschulen mit einem echten inklusiven Profil hätten entstehen können und eine vielleicht „halbierte“ Förderschule für besondere Bedürfnislagen. Auch die vom bayerischen Kultusministerium propagierte Wahlmöglichkeit der Beschulung für Menschen mit Behinderung, ist zentraler Bestandteil dieser Vision.
Chance vertan?
Es werden in den nächsten Jahren viele Sanierungen bzw. Ersatzneubauten für Förderschulen anstehen. Das BayEUG muss allerdings vorher geändert werden, um dann die Chancen für Inklusion, für gemeinsames Lernen, nutzen zu können!
Der Vorstand, im Februar 2020
gemeinsam leben - gemeinsam lernen Augsburg e.V.